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Julian Hinxlage, M. Sc.
Stv. Abteilungsleiter Verpackungs- und Handelslogistik
Telefon +49 231 9743-266
Täglich müssen Hunderte Lkw be- und entladen werden. Jede Verzögerung kostet Geld und kann die gesamte Planung durcheinanderbringen. In Deutschland werden jährlich über drei Milliarden Tonnen per Lkw transportiert, was der Effizienz an diesen Knotenpunkten eine entscheidende Bedeutung verleiht.
Die technische Nachverfolgung der Lkw gestaltet sich oft als schwierig. Ungenaue GPS-Signale machen eine eindeutige Zuordnung zu Verladetoren schwer. Der heterogene Fuhrpark und unbekannte Lkw von Subunternehmern erschweren die Implementierung einer einheitlichen Lokalisierungstechnologie. Traditionelle Yard-Management-Systeme (YMS) basieren meist auf Soll-Daten, wodurch Abweichungen oft nicht rechtzeitig erfasst werden. Diese Unzulänglichkeiten können kostspielige Fehler und Sicherheitsrisiken mit sich bringen, etwa wenn eine Wechselbrücke abgekoppelt wird, obwohl sie noch beladen ist.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wurde das Projekt »Yard Lens on Edge« ins Leben gerufen. Mithilfe modernster Kameratechnologie und Künstlicher Intelligenz soll eine Echtzeitüberwachung von Lkw und Ladeeinheiten auf Logistikhöfen ermöglicht werden. Julian Hinxlage, Projektleiter am Fraunhofer IML, erklärt: »Wir möchten eine Lösung entwickeln, die die Sichtbarkeit der Prozesse in der Hoflogistik erheblich verbessert.«
Zentraler Bestandteil ist die Installation von Kameras auf dem Hof. Die Kameras sind strategisch positioniert, um den gesamten Hofbereich lückenlos zu überwachen und die Bewegungen von Lkw und anderen Objekten (z. B. Trailern, Wechselbrücken, sonstigen Hoffahrzeugen) in Echtzeit zu verfolgen. Die sogenannte Multi-View-Multi-Object-Tracking-Technologie ermöglicht die gleichzeitige Verfolgung mehrerer Objekte aus verschiedenen Blickwinkeln. Ein weiterer Schritt ist die Projektion der Koordinaten auf eine 2D-Kartenansicht (Mapping), die die Stellplätze visualisiert.
Im Mittelpunkt des Projekts steht die Entwicklung eines Digitalen Zwillings des gesamten Hofes. Hinxlage erläutert: »Durch die fortlaufende Erfassung realer Daten erstellen wir ein virtuelles Abbild des Hofes. So haben alle Beteiligten – vom Lkw-Fahrer bis zur Yard-Managerin – jederzeit einen umfassenden Überblick über den Status und die Position jedes einzelnen Objekts.« Das System bietet nicht nur mehr Transparenz, sondern steigert auch die Effizienz erheblich. Verspätungen oder falsche Zuordnungen werden sofort erkannt, was schnelles Handeln ermöglicht. Das System identifiziert Lkw und Ladeeinheiten unabhängig und verfolgt deren Bewegungen in Echtzeit. Über eine Webplattform können Anwendende ein individuelles Hoflayout erstellen, das sich einfach an bauliche Veränderungen anpassen lässt.
Das »Yard Lens on Edge«-System bietet vielversprechende Vorteile: Die Kameras arbeiten auch bei schwierigen Lichtverhältnissen präzise und zuverlässig. Durch die markerlose Erkennung von LKW und Ladeeinheiten benötigen die Lkw keine Nachrüstung von Identifikationsmerkmalen wie z.B. 2D-Codes auf dem Dach.
Ein herausragendes Merkmal ist die Echtzeitverarbeitung von Bild- und Videodaten direkt auf den Kameras. Dies sorgt nicht nur für eine schnelle Erkennung und Verfolgung von Positionen, sondern erfüllt auch wichtige datenschutzrechtliche Anforderungen, da nur relevante Informationen verarbeitet und gespeichert werden. Auf Wunsch können Ereignisse als Video- oder Bildmaterial archiviert werden.
Die Entwicklung von »Yard Lens on Edge« könnte weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Logistikbranche haben. Das System ist nicht nur ein Schritt zur Effizienzsteigerung, sondern auch ein bedeutender Fortschritt in der Digitalisierung der Logistik. Die verbesserte Sichtbarkeit und Nachverfolgbarkeit von Lkw und Ladeeinheiten optimiert die Abläufe auf den Höfen und ermöglicht es, Herausforderungen proaktiv anzugehen.
Julian Hinxlage ist überzeugt: »Mit Yard Lens on Edge schaffen wir eine Technologie, die nicht nur heute, sondern auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der Hoflogistik spielen wird.«
Das Projekt wurde als Teilprojekt der »Silicon Economy« vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert und in Kooperation mit verschiedenen Industriepartnern durchgeführt. Die DACHSER Group SE & Co. KG fungiert als Pilotpartner und ermöglicht die praktische Umsetzung der Technologie in ihrem Logistikzentrum in Dortmund. Nach Abschluss des Projekts werden alle Komponenten als Open Source bereitgestellt, um eine Weiterentwicklung und Nutzung der Technologie in anderen Logistikunternehmen zu ermöglichen.