Orientierung per Lichtspur – Wie LARS die Intralogistik für Menschen neu denkt

Mit Laser, Software und viel Weitblick: Das Fraunhofer IML entwickelt mit LARS ein flexibles Projektionssystem, das Mitarbeitende in der Logistik in Echtzeit durch Lagerhallen leitet – intuitiv, sicher und ergonomisch. Ein Gespräch mit den verantwortlichen Forschenden zeigt, wie viel Zukunft in einem Lichtstrahl stecken kann.

Rico Ahlbäumer kommt schnell zur Sache, wenn man ihn nach dem Kern von LARS fragt: »Wir wollen mit LARS keine Show machen, sondern echte Hilfe leisten. Es geht darum, Menschen im Lageralltag zu entlasten und Prozesse sicherer, klarer und schneller zu gestalten.«

LARS steht für »Laser-AR-Safe« und ist ein dynamisches Leitsystem, das per Laserprojektion Informationen direkt auf den Boden wirft – dort, wo sie benötigt werden. Mal zeigt ein blauer Pfeil den Weg zur richtigen Rampe, mal wird eine grüne Markierung eingeblendet, um den Zielort für eine Palette anzuzeigen. Was auf den ersten Blick simpel wirkt, ist technologisch hoch anspruchsvoll und ergonomisch durchdacht. »LARS ist für die menschengemachte Logistik gedacht,« sagt Ahlbäumer. »Unser Ziel ist es, mit einfachen, aber effektiven Mitteln Orientierung zu schaffen – gerade für neue oder ungelernte Mitarbeitende.«

Projektionskraft trifft Prozessintelligenz

Das System nutzt spezielle Laserprojektoren, die sicher für das menschliche Auge sind. Die eigentliche Innovation steckt aber in der Software: LARS steuert die Laser in Echtzeit und bindet sie an bestehende Systeme wie ERP, WMS oder MES an. »Technisch gesehen haben wir eine Schnittstelle zur Steuerung von sogenannten Lasershows programmiert,« erklärt Ahlbäumer. »Diese Schnittstelle erlaubt es uns, hochdynamische, farbige Visualisierungen zu erzeugen und damit Arbeitsprozesse zu lenken.«

Dabei ist das System modular aufgebaut. »Wir können alles Mögliche anzeigen: Pfeile, Stoppzeichen, Stellplatzmarkierungen oder Gefahrenzonen. Je nach Anforderung des Kunden,« so Ahlbäumer. Die Einsatzszenarien reichen vom Kommissionieren und Konsolidieren bis hin zur (De-)Palettierung oder Sortierung.

Im Testbetrieb: Laserlicht statt Zettelwirtschaft

Ein aktueller Use Case zeigt die Stärken des Systems: »Wir testen gerade mit einem Partnerunternehmen die Projektion von Palettenstellplätzen in einer Lagerhalle,« berichtet Ahlbäumer. »Sobald der Schichtleitende den Prozess startet, sehen die Staplerfahrenden auf dem Boden, wo sie ihre Paletten abstellen müssen. Kein Zettel, kein Funkspruch – nur ein klarer Lichtimpuls.«

Fünf Laser reichen dabei aus, um auf einer Fläche von rund 30 Metern Breite in bis zu zwölf Lanes Hinweise zu geben. Die Projektionsfläche hängt von der Hallenhöhe ab, aber das Prinzip bleibt gleich: Information direkt dorthin bringen, wo sie gebraucht wird. »Das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch Fehler,« so Ahlbäumer.

Licht gegen Sprachbarrieren und Fachkräftemangel

Ein wichtiger Impulsgeber für LARS war der zunehmende Fachkräftemangel. »In vielen Lagern arbeiten heute Menschen, die unsere Sprache nicht gut sprechen oder kaum angelernt sind. Da hilft ein System, das mit Symbolen, Zahlen und Farben arbeitet, ungemein,« sagt Ahlbäumer. »Statt langen Texten oder kryptischen Kommissionierzetteln gibt es einen klaren Hinweis auf dem Boden – intuitiv, eindeutig, sofort verständlich.«

Gerade für temporäre Arbeitskräfte oder Saisonspitzen ist das ein Vorteil. LARS verkürzt die Einarbeitungszeit erheblich und verbessert gleichzeitig die Sicherheit. »Wenn sich ein Gabelstapler nähert, kann LARS etwa eine virtuelle Sperrzone anzeigen. Das ist ein Gewinn für alle Beteiligten,« sagt Ahlbäumer.

Die Technik im Hintergrund: Sicher, flexibel, offen

Das System ist bewusst offen angelegt. »Wir wollten keine Insellösung,« betont Ahlbäumer. »Deshalb ist LARS anbindbar an verschiedene Bestandssysteme und arbeitet über eine modulare Softwarearchitektur.«

Die eingesetzten RGB-Laser ermöglichen die Darstellung beliebiger Farben und Formen. Eine spezielle Linse sorgt für die notwendige Strahldivergenz, um ein Maximum an Sicherheit zu gewährleisten. Zudem lässt sich der Laser über ein Linsensystem sehr hell einstellen. Dies ist vor allem in modernen Lagern, die auch Tageslicht bieten, ein wichtiger Aspekt. Zudem sind die eingesetzten Laser laut Ahlbäumer sicher »Der Laser ist so abgestimmt, dass er unterhalb der Grenzwerte bleibt und damit auch von den technischen Überwachungsinstitutionen problemlos abgenommen werden kann.«

LARS ist darüber hinaus skalierbar und kann bei Bedarf um weitere Projektoren oder Funktionen erweitert werden. »Unser System ist wie ein Baukasten: Wer klein anfangen will, kann das tun. Wer ein komplexes Leitsystem aufbauen will, bekommt alle Möglichkeiten an die Hand,« sagt Ahlbäumer.

Verwandte Technologien: Wie AULIS und LARS zusammenspielen

Ein besonderer Reiz entfaltet sich in der Kombination mit dem ebenfalls am Fraunhofer IML entwickelten System AULIS (S. 16). Während AULIS als modulares Betriebssystem den Transport von Waren durch autonome mobile Roboter (AMR) und Fahrerlose Transportsysteme (FTF) organisiert, unterstützt LARS die menschlichen Mitarbeitenden.

»In einer modernen Logistik müssen Menschen und Maschinen zusammenarbeiten. AULIS regelt den Verkehr der Roboter, LARS zeigt dem Menschen, wo es langgeht,« bringt es Ahlbäumer auf den Punkt.

Das Zusammenspiel zeigt sich deutlich in Anwendungen, bei denen AMR-Flotten durch eine Halle navigieren und LARS gleichzeitig eine visuelle Anleitung für die Menschen projiziert. »Das reduziert Kollisionen, verbessert die Ergonomie und erhöht die Prozessgeschwindigkeit,« sagt Ahlbäumer.

Visionen für die Zukunft: Navigationssystem für den Shopfloor

Innenansicht einer großen Lagerhalle mit einer Person, die auf einem beleuchteten Bodenmuster steht, und Regalen im Hintergrund.
© Fraunhofer IML

Noch ist LARS ein System mit viel Potenzial für weitere Anwendungen. »Wir sehen LARS als ein Navigationssystem für den Shopfloor,« sagt Ahlbäumer. »Langfristig können wir uns aber vorstellen, ganze Arbeitsanweisungen, Sicherheitsroutinen oder Routenführungen damit abzubilden.«

Auch Erweiterungen mit zusätzlichen Sensorsystemen oder Kameras sind denkbar. So könnte LARS zukünftig auf aktuelle Situationen reagieren und etwa bei einem Störfall automatisch eine alternative Route anzeigen.

Fazit: Ein Lichtstrahl für mehr Effizienz und Sicherheit

LARS ist definitiv deutlich mehr als ein technologisches Gadget. Es ist ein Beispiel für einen menschenzentrierten Innovationsansatz, der Technik nicht um ihrer selbst willen einsetzt, sondern konkrete Probleme adressiert. In Zeiten von Fachkräftemangel, steigendem Kostendruck und wachsender Komplexität in der Intralogistik könnte ein smarter Lichtstrahl den entscheidenden Unterschied machen.

»Wir suchen aktuell Partner, die mit uns LARS weiterentwickeln wollen,« sagt Ahlbäumer. »Das Potenzial ist riesig, und wir stehen gerade erst am Anfang.«

Und wer weiß? Vielleicht ist LARS ja bald Standard in jeder Halle – als stiller Begleiter im Arbeitsalltag, der mit Licht Orientierung gibt und dabei nie im Weg steht.

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Rico Ahlbäumer M. Sc.

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Wissenschaftlicher Mitarbeiter