Proaktiv reagieren statt hektisch laborieren!

Eine vorausschauende Instandhaltung kann dazu beitragen, Wartungsprozesse systematisch zu vereinfachen und Maschinenausfällen vorzubeugen. So weit, so gut. Doch in den meisten Unternehmen hat sich diese Erkenntnis auf operativer Ebene noch nicht durchgesetzt. Mit der Ambition, dies zu ändern, haben Wissenschaftler des Fraunhofer IML in einer Verbundstudie untersucht, welche Aspekte eine »Smart Maintenance« en détail ausmachen. Ergänzend werden Empfehlungen für die Implementierung ausgesprochen.

 

Wenn in der »Silicon Economy« künftig Menschen, Maschinen, autonome Fahrzeuge und IoT-Devices vernetzt interagieren, dann können sie das nur so lange tun, wie die Funktionsfähigkeit aller Teilnehmer gewährleistet ist. Das erhöht auf der einen Seite den Druck auf eine zukunftsfähige und innovative Instandhaltung, die sogenannte »Smart Maintenance«. Auf der anderen Seite eröffnen sich auch gänzlich neue Chancen: Zwar steigt mit zunehmender Digitalisierung die Komplexität instand zu haltender Komponenten, sie schafft aber auch neue Werkzeuge, um das System zu beherrschen. Einem Störfall, der mitunter hektische Reparaturarbeiten nach sich zieht, kann so präventiv entgegengewirkt werden. Das spart Kosten sowie unplanmäßig bereitzustellende Ressourcen und schont die Nerven. Ein solches Verfahren als reine »Zukunftsmusik« abzutun, greift jedoch zu kurz. Es gibt Unternehmen, die schon heute von diesem Prinzip profitieren.

Um sich einen Überblick zu verschaffen, in welchem Ausmaß die intelligente Instandhaltung bereits in der Praxis verankert ist, haben die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und das Fraunhofer IML 2019 eine Studie durchgeführt. Befragt wurden 96 Betriebe aus verschiedenen Branchen. Das ernüchternde Ergebnis: Mehr als die Hälfte der adressierten Unternehmen (57 Prozent) wird erst dann aktiv, wenn ein Defekt aufgetreten ist. Mit Echtzeitdaten arbeiten bescheidene vier Prozent der Antwortenden.  

 

Da ist noch Luft nach oben

Speziell an dieser Stelle offenbart sich die Crux. Denn Voraussetzung für die digitale Transformation und damit auch für die intelligente Instandhaltung ist eine breite aktuelle Datenbasis. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die relevanten Kennzahlen einer Anlage. Aus diesen Informationen, die auch auf den aktuellen Zustandsstatus verweisen, können die Mitarbeiter frühzeitig ablesen, zu welchem Zeitpunkt eine präventive Wartung erfolgen sollte. Etwaige Komplikationen bis hin zu Stillständen lassen sich so mit recht einfachen Mitteln unterbinden.

Gutes Beispiel für eine gelungene Datennutzung ist das »Active Cockpit« der Robert Bosch GmbH. Das Unternehmen nutzt ein Dashboard, um die Instandhaltung gemeinsam und unabhängig von der Erfahrung Einzelner zu planen. Abgebildet sind anlagenspezifische und fertigungsrelevante Kennzahlen, die in Echtzeit erfasst und aufbereitet werden. Mit Unterstützung dieser interaktiven Kommunikationsplattform bewerten Produktionsverantwortliche und das Instandhaltungspersonal in täglichen Meetings abgeschlossene Maßnahmen und stoßen neue an. 

Wissensmanagement als Schlüssel

Auch die Wartung selbst ist in vielen Betrieben nicht optimal organisiert: Bei knapp einem Drittel der Befragten (27 Prozent) verfügen nur einige Mitarbeiter über hinreichend Instandhaltungs-Know-how und geben diese Informationen, wenn überhaupt, ausschließlich mündlich weiter. »Wir empfehlen Unternehmen, zu einem digitalen Wissensaustausch anzuregen und diesen, etwa über Wissensplattformen, zu begünstigen«, sagt Fabian Förster, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Anlagen- und Servicemanagement am Fraunhofer IML. »So können alle Beschäftigten auch langfristig voneinander profitieren.«

Die Autoren der Studie empfehlen außerdem, das Know-how im Zuge von Schulungen fortwährend zu erweitern. Auch die fortschreitende Digitalisierung eröffnet Möglichkeiten für eine stetige Verbesserung. »Virtual Reality« (VR) kann zum Beispiel zu Trainingszwecken genutzt werden, ohne in reale Abläufe eingreifen zu müssen. Für 53 Prozent der Befragten ist das allerdings (derzeit noch) kein Thema. Zur visuellen Unterstützung realer Instandhaltungsprozesse eignet sich »Augmented Reality« (AR). Das Verfahren spielt bei gerade einmal fünf Prozent der teilnehmenden Unternehmen eine Rolle im Arbeitsalltag.

Wie gelungenes Wissensmanagement funktionieren kann, zeigt hingegen die Firma Bilfinger mit ihrem Projekt »Industrial Tube«. Auf der internetbasierten Plattform finden Mitarbeiter Videos, die industrielle Aufgaben und einzelne Arbeitsschritte visualisieren. Diese Clips können vom Personal mithilfe eines Smartphones oder einer Datenbrille sowie der Industrial Tube App selbst erstellt werden. Jeder Schritt lässt sich nach einer Anleitung filmen und kommentieren. Die App überträgt das Material in eine Cloud, wo es automatisch zu einem Video zusammengefügt wird. Mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt das System außerdem mehrsprachige Untertitel. 

 

Akzeptanz erhöhen, Wertschöpfungsbeitrag freisetzen

»Im Vergleich zur Produktion wird die Instandhaltung häufig sträflich vernachlässigt«, stellt Förster klar. In der Folge würden Investitionsentscheidungen meist oft zugunsten der Fertigung gefällt. »Für eine ganzheitliche, digitale Transformation ist es aber wichtig, Produktion und Instandhaltung gemeinsam zu denken.« Wie Unternehmen dabei vorgehen, müssen sie individuell festlegen. Wichtig ist zunächst ein gemeinsames Zielverständnis. Anschließend können die einzelnen Schritte der Transformation definiert und deren Fortschritt regelmäßig überprüft werden. Von zentraler Bedeutung für den Erfolg sind ein aktives Wissensmanagement, der Einsatz digitaler Werkzeuge und eine breitgefächerte, solide Datengrundlage. So erweist sich die Instandhaltung in Zukunft als wertschöpfender Faktor und verharrt nicht weiter auf dem unrühmlichen Niveau eines notwendigen Übels und/oder eines reinen Kostenverursachers.

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