Weltweit hat die Corona-Pandemie Wirtschaftszweige punktuell zum Erliegen gebracht. Die Produktion in diesen Zeiten wieder hochzufahren ist ein zu meisternder, jedoch mit großen Unsicherheiten verbundener Kraftakt. Um gezielt Hilfestellung zu leisten, wurde am Fraunhofer IML simuliert, wie der sogenannte »Ramp-up« systematisch aufgesetzt werden kann. Auch eine verstärkte Resilienz stand im Fokus.
Speziell die zeitversetzten Lock-downs haben gezeigt, wie fragil die meist global organisierten, komplexen Lieferketten tatsächlich sind. So kam es aufgrund von Produktionsausfällen bei den Zulieferern zu Materialengpässen in teils bedrohlichem Ausmaß. Parallel häuften sich die Bestände, weil Betriebe gezwungen waren, einen eigenen Fertigungsstopp auszurufen.
Vorsicht und Weitsicht sind gefordert
Sukzessive nahm die Wirtschaft Mitte 2020 wieder Fahrt auf, sieht sich jedoch mit der Herausforderung konfrontiert, die aus dem Takt geratenen SupplyChain-Zustände neu synchronisieren zu müssen. Zudem ist der weitere Verlauf der Pandemie nicht vorhersehbar. »Entscheidend für die Wirtschaft und das Überleben der Unternehmen ist, die Betriebe möglichst rasch, aber trotzdem mit Weitsicht wieder hochzufahren«, unterstreicht Marco Motta, Leiter der Abteilung Supply Chain Engineering am Fraunhofer IML.
Allerdings gibt es Faktoren, die eine adäquate Planung erschweren: Die Nachfrage der Abnehmer ist aufgrund anhaltender Verunsicherung wenig vorhersehbar. Zudem können in Zeiten einer angespannten wirtschaftlichen Lage Fehlentscheidungen, mangelnde Transparenz oder Unkenntnis über Wechselwirkungen noch lange negative Auswirkungen nach sich ziehen. Darauf müssen betroffene Unternehmen reagieren und den Wiederanlauf ihrer Produktion exakt auf die jeweilige Situation abstimmen. Hilfreich für die Entscheidungsfindung können Simulationen sein, die unterschiedliche Ramp-up-Szenarien in einem Modell abbilden.
Simulationsgestützte Risikobewertung
Prädestiniert für einfach zu erstellende Modelle ist das vom Fraunhofer IML entwickelte Programm OTD-NET (Order-To-Delivery-NETwork Simulator). Sämtliche Prozesse lassen sich mithilfe der Simulation detailliert bewerten, sowohl im Hinblick auf Kosten und Performance als auch unter ökologischen Aspekten. Berücksichtigung finden zudem die Planungslogiken des Supply Chain Managements.
OTD-NET wird bereits seit zwanzig Jahren am Dortmunder Wissenschaftsstandort kontinuierlich weiterentwickelt. Angesichts der disruptiven pandemischen Ereignisse haben die Forscher die Komplexität in der Modellbildung reduziert. So konnten sie im Zuge des aufgesetzten Projekts »Fast Ramp-up« schnell Aussagen zu variierenden Wiederanlauf-Szenarien treffen. Mit der Simulation kann unter anderem aufgezeigt werden, welche internen und externen Kapazitäten in den Betrieben erforderlich sind, zu welchem Zeitpunkt die Zulieferung wieder starten kann und welche Maßnahmen geeignet sind, die Supply Chains zu (re-) synchronisieren. Darüber hinaus identifizierte das Team Risiken und leitete Strategien zum Gegensteuern ab und fasste diese in einem Whitepaper zusammen.