Wie eine ergonomische Logistik-Zukunft möglich wird

Schweres Heben, mühsames Tragen, schmerzende Muskeln: Das erleben Logistik-Arbeitende weltweit. Wie sähe die Branche aus, wenn man nicht länger mit diesen Belastungen arbeiten müsste? Diese Vision möchte Semhar Kinne in die Realität umsetzen. Die Diplom-Ingenieurin arbeitet am Fraunhofer IML mit Exoskeletten, die Bewegungsabläufe unterstützen und das zu tragende Gewicht abfangen.

Expertin für Ergonomie

Ihre Leidenschaft für die Ergonomie hat sie im Maschinenbau-Studium entdeckt und kann dieses Arbeitsgebiet nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin weiterverfolgen:

»Ich habe mich zur Ergonomie-Expertin entwickelt und bin außerdem Arbeitsschützerin: Ich will nicht, dass Arbeit krank macht! Deshalb habe ich mich bei Fraunhofer auch zur Sicherheitsfachkraft ausbilden lassen. Ich möchte dazu beitragen, dass mit der Ressource Mensch nachhaltig umgegangen wird.«

Aktuell sieht es in den Unternehmen noch ganz anders aus, und da möchte Semhar einen Unterschied machen: »Manuelle Arbeit sollte so gestaltet werden, dass sie den Menschen nicht belastet. Hier ist es wichtig, die Unternehmen dafür zu sensibilisieren, dass die Mitarbeitenden ihr wertvollstes Gut sind. Wenn Logistikmitarbeitende nicht schon mit Ende 50 in Rente gehen müssten, hätte das nicht nur einen ganz erheblichen Einfluss auf alle manuellen und nicht-automatisierten Prozesse in der Logistik, sondern auch auf die Zukunftsfähigkeit der Branche.« Die körperliche Entlastung durch den Einsatz von Exoskeletten trägt potenziell nicht nur zur Gesundheitsprävention bei, sondern kann auch dazu führen, dass Beschäftigte während der Arbeit weniger ermüden und über den Tag konstant leistungsfähig bleiben.

Am Fraunhofer IML hat Semhar damit genau das Forschungsfeld gefunden, das sie jeden Tag begeistert: »Fraunhofer bietet mir die Möglichkeit, sowohl die Technologie zu erforschen als auch geeignete Methoden und Konzepte für ergonomische Analysen zu entwickeln. Ich erlebe und lerne hier jeden Tag so viel Neues. Sowohl über die Technologien in der Forschung als auch über die verschiedenen Branchen in den Beratungsprojekten. Logistik ist eben branchenübergreifend – vom produzierenden Unternehmen über die Pharmaindustrie bis hin zum Handwerk. Das ist unglaublich spannend!«

Exoskelette im Handwerk: Semhar Kinne im Gespräch mit Jens Südmeier von Tischler NRW, dem Verband des Tischlerhandwerks in NRW.

»Angesichts des technologischen Fortschritts unserer Zeit finde ich es inakzeptabel, dass sich Menschen immer noch abarbeiten müssen. Hier möchte ich technische Lösungsansätze identifizieren, Entscheidungsträger*innen von den Technologien überzeugen und die Umsetzung in der Praxis begleiten.«