Maschinelle Intelligenz für die Optimierung von Wertschöpfungsnetzwerken

Forschungsprojekt zur Optimierung des Supply Chain Managements durch innovative Technologien abgeschlossen

Abschluss von Move

Das im Oktober 2020 gestartete Projekt Move konnte erfolgreich am Ende des letzten Jahres abgeschlossen werden. Das Fraunhofer IML arbeitete mit einem Konsortium aus Forschungs- und Industriepartnern aus der Region OWL (Ost-Westfalen-Lippe) an Methoden und Werkzeugen zur Verwendung von Verfahren der Künstlichen Intelligenz, mit denen Unternehmen ihre Supply-Chain-Konfigurationen - wie zum Beispiel Dispositionsparameter - oder ihre Liefertermin- und Absatzprognosen analysieren und nachhaltig optimieren können. Die Aufgabenmodelle für die Verwendung von KI und das erarbeitete Vorgehensmodell wurden bei den Industriepartnern in Pilotprojekten getestet. Weiterhin konnten generische Lösungsmuster für den Breitentransfer generiert werden.

 

Herausforderungen der zunehmenden Komplexität in Lieferketten

Das globale Wertschöpfungsnetz produzierender Unternehmen wird durch interne und externe Faktoren zunehmend komplexer. Mit steigender Anzahl und Abhängigkeit von Partnern nehmen auch die Einflüsse und Unsicherheiten auf die Supply Chain von außen zu, was zu disruptiven Ereignissen entlang der Lieferkette führen kann.  Im Gegenzug steigt der Kostendruck als auch die Erwartungen hinsichtlich der Termintreue immer weiter an. Weitere Herausforderungen für heutige Unternehmer ergeben sich aus Anforderungen aufgrund aktueller Trends und einer hohen Individualisierung bei gleichzeitig sinkendem Produktlebenszyklus. Eine zuverlässige Prognose der Kundenbedürfnisse sowie die Beobachtung von Bedarfsschwankungen entlang der Lieferkette sind zwingend notwendig, um diesen Herausforderungen entgegenzuwirken.  Erforderlich sind zudem die fortwährende Evaluierung der in der Planung eingestellten Parameter in den unternehmenseigenen IT-Systemen sowie deren Anpassung an sich ändernde Umwelteinflüsse. Die digitale Transformation prozessorientierter Wertschöpfungsketten führt zu immer größeren Datenmengen. Die sich daraus ergebenden Potenziale können und sollten effektiv genutzt werden, um den Herausforderungen im Supply Chain Management zu begegnen. 

 

Nutzbarmachung enormer Datenmengen

Der Einsatz von KI-Verfahren hat das Potenzial, diesen Problematiken mittels automatischer Analyse, Auswertung und Optimierung zu begegnen. Im Forschungsprojekt MOVE wurden über dreieinhalb Jahre praxisnahe Methoden und Werkzeuge in engem Austausch mit Industriepartnern entwickelt und getestet. Um KI-Verfahren und -Methoden zielbringend einsetzen zu können, waren im ersten Schritt das Verständnis und die Nutzbarmachung der enormen Datenmengen erforderlich. Anschließend wurden die Unternehmen befähigt, KI-Verfahren in ihre Wertschöpfungsnetze zu integrieren. Der Fokus des Forschungsprojekts lag auf der Generierung und Integration von Expertenwissen in simulative, datengetriebene und hybride Werkzeuge.

 

Handlungsfelder der Problemstellung

Das Forschungsprojekt Move berücksichtigte drei Handlungsfelder zur Optimierung von Wertschöpfungsnetzwerken durch den erfolgreichen Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

  • Spezifikation der Wirkzusammenhänge: Um praxisnahe und nutzengenerierende Modelle zur Optimierung der Wertschöpfungsnetzwerke zu entwickeln, ist es grundlegend, die logistischen Interdependenzen im Supply Chain Management zu verstehen und zu spezifizieren, sowie die damit verbundene Kommunikation zwischen den Domänen- und KI-Experten sicherzustellen.
  • Spezifikation und Erweiterung der IT-Infrastruktur: Für eine effiziente Nutzung der vorhandenen Datenbasis ist eine leistungsfähige IT-Infrastruktur unerlässlich. Diese bildet das Bindeglied zwischen der physischen und virtuellen Lieferkette.
  • Auswahl und Entwicklung von KI Methoden: Die Optimierung und Analyse von Wertschöpfungsnetzen erfolgt mithilfe von Modellen und Verfahren aus den Bereichen Simulation, KI und Operations Research.
Übersicht der drei Fokuspunkte des Forschungsprojektes: Supply Chain Management, Digitalisierung und Simulation mittels KI und Operations Research
© Fraunhofer IML

Umsetzung in drei Pilotprojekten 

In drei Pilotprojekten werden die Erfahrungen aus der Anwendung der Methodik in Lösungsmustern und einem Vorgehensmodell für den Transfer aufbereitet. Hierfür fand die Entwicklung eines Vorgehensmodells statt, indem das bekannte CRISP-DM-Modell um Aspekte der Konsensbildung von Expertenwissen und die Kommunikation mit KI-Spezialisten in Form einer Spezifikationstechnik erweitert wurde. Ein weiterer wichtiger Fokus lag auf der detaillierten Bestandsaufnahme vorhandener Daten zur Entwicklung maßgeschneiderter KI- und Simulationslösungen. Für drei Pilotprojekte wurden Assistenzmodule entwickelt, um die Herausforderungen der ungenauen Bedarfsprognose, ungenauen Lieferterminprognose und des Teiletourismus zu bewältigen.

Teiletourismus: Im Rahmen des Projekts hat sich das Fraunhofer IML insbesondere mit der Erfassung und Reduktion des Teiletourismus eines Industriepartners beschäftigt und Empfehlungen erarbeitet. Für die Betrachtung unterschiedlicher Netzwerkalternativen wurden mehrere Simulationsmodelle mit dem internen Simulationstool OTD NETWORK erstellt. Durch die Kopplung der Simulationsmodelle mit einem Algorithmus-Konfigurator konnte eine kostenoptimale Parametrisierung ausgewählter Bestandsparameter vorgeschlagen und vorgenommen werden. Durch den Vergleich der optimierten Parametrisierung zur Reduzierung des Teiltourismus und dessen Auswirkungen auf die Gesamteffizienz der betrachteten Netzwerkalternativen mit der manuell vorgenommenen Parametrisierung im Planungsprozess, konnte das Nutzungspotenzial dieser beiden verknüpften Technologien nachgewiesen werden.

Ungenaue Bedarfsprognose: Im Rahmen des Projekts wurde die ursprüngliche Absatzprognose eines Industriepartners untersucht. Dabei wurden die Prognosen des Kunden analysiert und mithilfe erprobter KI-Algorithmen externe Faktoren wie beispielsweise die branchenspezifischen oder die volkswirtschaftliche Entwicklung berücksichtigt, um die Prognosewerte zu verbessern.

Ungenaue Lieferterminprognose: Um die Kundenzufriedenheit durch pünktliche Lieferungen aufrechtzuerhalten, ist eine genaue Lieferterminprognose erforderlich. Dafür wurden zwei unterschiedliche Ansätze zur Prognose verfolgt, bei denen jeweils historische Daten verarbeitet wurden. Zum einen wurden konventionelle statistische und stochastische Methoden in einem Expertensystem gebündelt, um Prognosen zu erarbeiten. Zum anderen wurden KI-Modelle für Teilprozessschritte untersucht und evaluiert.

 

Rolle des Fraunhofer IML:

Das Fraunhofer IML verfügt mit der Abteilung Supply Chain Engineering über umfassende Kenntnisse in der anwendungsorientierten und praxisnahen Forschung zum Supply Chain Management. Auf Basis von technologischen Instrumentarien wie das abteilungsintern entwickelte Simulationstool OTD NETWORK für die ereignisdiskrete Simulation von Lieferketten, setzen wir im Rahmen der Auftragsforschung regelmäßig serviceorientierte IT-Lösungen ein, die im Rahmen der strategischen und taktischen Planung und der operativen Steuerung z.B. im Verfügbarkeitsmanagement oder im Bedarfs- und Kapazitätsmanagement vielversprechende Ergebnisse liefern. Wir konnten das Simulationstool OTD NETWORK auf Grundlage von Erfahrungen und Anforderungen sowohl aus den Anwendungsfällen als auch aus der Methodenkonzeption weiterentwickeln.