Die Logistik sieht sich wachsenden Schwankungen bei Mengen, Frachtraten und Personalkapazitäten gegenüber. Künstliche Intelligenz kann hier entscheidende Impulse geben, doch vielen mittelständischen Speditions- und Lagerbetrieben fehlte bislang eine praxisnahe Einstiegslösung. Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) hat mit Omnistics eine modulare Plattform entwickelt, die Prognose-, Optimierungs- und Assistenzfunktionen in einem gemeinsamen Baukasten vereint und so auch kleineren Unternehmen einen skalierbaren Zugang zu KI eröffnet.
Die Plattform deckt den gesamten logistischen Entscheidungskreislauf ab. So erstellt das Modul Capcast rollierende Sendungsprognosen und legt damit die Basis für eine vorausschauende Personal- und Fahrzeugdisposition. Parallel kalkuliert Frostimate Transportkosten auf einzelnen Relationen, vergleicht interne Preise mit externen Marktdaten und liefert belastbare Benchmarks für Angebot und Einkauf. Pretime wiederum verarbeitet Echtzeit-Verkehrs- und Wetterdaten, um präzise ETA-Vorhersagen bereitzustellen und Standzeiten in Umschlagdepots zu senken. Ergänzt wird die Suite durch LoOmniChat, einen unternehmensspezifisch trainierten Chatassistenten, der operative Rückfragen zu Aufträgen, Kunden oder Prozessen beantwortet und dadurch interne Suchaufwände reduziert. Bei Bedarf ermittelt CargoSight per Smartphone-Foto das freie Ladevolumen im Lkw-Aufbau, was Leerfahrten minimiert und die Frachtraumauslastung steigert.
In Pilotprojekten mit einem Stückgutspediteur wurden diese Module schrittweise verknüpft. Bereits nach wenigen Wochen ließen sich durch präzisere Mengenprognosen Leerlaufzeiten in der Verladung deutlich reduzieren; gleichzeitig verbesserte die automatisierte Freivolumenmessung die Mitnahme zusätzlicher Teilladungen. Die gewonnenen Daten liefen kontinuierlich in die Modelle zurück, sodass die Vorhersagegenauigkeit von Woche zu Woche stieg. Entscheidend für den Erfolg war, dass jede Komponente einzeln aktivierbar blieb und sich ohne tiefgreifende Umbauten an das vorhandene Transport-Management-System anbinden ließ. Damit zeigt das Projekt exemplarisch, wie mittelständische Betriebe mit begrenzten IT-Ressourcen schrittweise in KI-gestützte Prozesse hineinwachsen können.
Die Architektur von Omnistics ist sowohl in der Cloud als auch On-Premises lauffähig und bringt standardisierte Schnittstellen zu gängigen Speditions- und Lagersystemen mit. Durch diesen Baukastenansatz reduziert sich nicht nur die Einführungszeit; Unternehmen behalten zudem die Hoheit über ihre Daten, während die Modelle über integrierte Rückkopplungsschleifen kontinuierlich dazulernen. So entsteht eine Logistik, die auch bei stark schwankenden Märkten handlungsfähig bleibt und Entscheidungsspielräume datengetrieben nutzt.