Univ.-Prof. Dr. habil. Dr. h. c. Michael Henke

Resilienz Blog

Zentrale Begriffe im Blog erklärt

Über die Silicon Economy, wir erinnern uns, wurde in den letzten Monaten ausführlich berichtet. Das Ziel der Silicon Economy besteht darin, die Wertschöpfung dieses Planeten und ihre vernetzten logistischen Prozessketten vollständig zu virtualisieren: Die ganze Welt in virtuell. Klingelt da was?

Das klingt doch ziemlich nach Metaverse! Genauer: nach Industrial Metaverse. Wir müssen hier jedoch Begriffsklarheit schaffen:

Das Industrial Metaverse wird

  1.  mittlerweile inflationär gebraucht und 
  2. vor allen in den Social Media nicht trennscharf definiert. 

Um dieser Unschärfe zu entgehen, sprechen wir am Wissenschaftsstandort Dortmund lieber vom Digitalen Kontinuum.

 

Wir sprechen vom Digitalen Kontinuum

Ein Kontinuum bezeichnet grundsätzlich, leicht verständlich und vor allem von jeder Unschärfe befreit etwas, das ununterbrochen aufeinander folgt. Einige kennen zum Beispiel den Begriff des Raum-Zeit-Kontinuums, dessen lückenlose und ununterbrochene Gestalt die Grundlage der Existenz von Lebewesen in diesem Universum ist. Wenn wir ein Kontinuum also als geschlossenen Kreis betrachten, der eine ununterbrochene Folge von Entwicklungen symbolisiert, erkennen wir schnell: Etwas Vergleichbares passiert gerade im Kontext der Plattformökonomie auch in der Silicon Economy, in der sich Prozessketten zunehmend automatisiert und autonomisiert zu geschlossenen Kreisläufen entwickeln; von der Planung und Disposition bis hin zur Leistungsabrechnung und -bezahlung.

Das alles wird miteinander verlinkt; zunehmend mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz. Dadurch entstehen selbstlernende, sich gegenseitig verstärkende und beschleunigende Prozesse in einem immerwährenden Kreislauf. Das meinen wir, wenn wir vom Digitalen Kontinuum sprechen. Ein solches Kontinuum setzt voraus: weitgehende bis komplette Virtualisierung aller Prozesse, deren durchgehende Transparenz, eine Echtzeit-nahe Vernetzung sowie Daten-Souveränität. Eben alles, was wir seit Jahren unter dem Schlagwort der Silicon Economy erforschen und in die Praxis transferieren. Daher lässt sich kurz und klar das Fazit der Begriffssortierung ziehen: Die Silicon Economy ist das offene Ökosystem des Digitalen Kontinuums. Dieses Kontinuum weist unterschiedliche Facetten auf, was uns zum Supply Chain Continuum bringt. 

 

Das Supply Chain Continuum

Das Digitale Kontinuum steht auf drei Säulen: Die erste, das Technik Kontinuum, integriert sämtliche aktuellen und künftigen Entwicklungen der Hochtechnologie. Die zweite besteht aus dem Social Networked Continuum, das Mensch und Technik miteinander verbindet. Denn trotz rasender Entwicklung der Technologie wird diese absehbar niemals ohne den Menschen auskommen können. Und als dritte Säule im Digitalen Kontinuum verstehen wir das über Unternehmensgrenzen in die globalen Wertschöpfungsnetzwerke hinein reichende Supply Chain Continuum.

Diese drei Kontinua haben wir hier in Dortmund als klare Vision der kommenden Jahre vor Augen. Mit der Betonung auf „kommende Jahre“, denn der Status quo ist ein anderer: Das Metaverse, obwohl vieldiskutiert, existiert noch lange nicht und auch von Kontinua haben die meisten Menschen in der Praxis noch selten etwas gehört. Wie also kommen wir jetzt, in diesen Krisen- und Kriegszeiten, am Beginn einer Rezession und mitten in der Klimakrise in die schöne neue Welt des Supply Chain Continuums?

 

Von hier nach morgen

Auf den Weg vom Status quo in eine bessere Zukunft führen uns ganz offensichtlich eine Reihe von Transformationsprozessen in Wirtschaft, aber auch Gesellschaft. Einige haben bereits angefangen. Die Digitale Transformation zum Beispiel läuft schon lange. Aktuell intensiv diskutiert wird die Resilienz-Transformation im Angesicht von Krisen und Kriegen. Daneben leben wir mitten in einer Nachhaltigkeitstransformation. Begleitet werden diese Veränderungsprozesse durch eine offensichtlich nötig gewordene Transformation hin zu mehr Adaptivität von Menschen und Unternehmen, damit wir uns besser, schneller und vor allem friktionsärmer an die vielen Transformationserfordernisse anpassen können. So weit der Rahmen – wie füllen wir ihn? Wie kommen wir via Transformation ganz konkret zum Supply Chain Continuum?

Das schaffen wir nur, indem wir noch stärker als bisher die neuen Technologien kennenlernen, erproben und uns von ihnen bei der Transformation unterstützen lassen. Diese neuen Technologien entfalten vor allem dann ihre breiteste Wirkung, wenn sie Open Source entwickelt werden. So werden sie durch größtmögliche Verbreitung zu quasi-Standards in ihren Anwendungen. Dank dieser Standards wissen wir dann auch in unseren Wertschöpfungsnetzwerken, an welchen Stellen in der Supply Chain welche Technologien eingesetzt werden können zum Nutzen aller, der herausragend in der Schaffung von Transparenz besteht.

Dank neuer Technologien in einem komplett vernetzten Digitalen Kontinuum wären unsere Versorgung, unsere Netzwerke und unsere Logistik  von einer Sicherheit, Resilienz und Adaptivität wie sie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte bestanden hätten. Transparenz ist die Basis jeder Transformation. Die größte Hürde auf dem Weg zu dieser Transparenz ist aber oft nicht die Technologie: Sie ist bereits in großen Teilen vorhanden und entwickelt sich insbesondere in Dortmund prächtig. Die größte Hürde ist aus meiner Sicht häufig die Einstellung der Menschen und Unternehmen. Entscheidend für unsere Zukunft ist der Mindset, ist die Offenheit der Entscheider*innen auf allen Unternehmensebenen, diese Technologien auch wirklich einzusetzen. Wir brauchen sie, um die schöne neue Welt des Supply Chain Continuums zukünftig auch wirklich zu erreichen.

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