Vernetzte Daten für die Kommunen von morgen

Der digitale Wandel durchdringt unser gesamtes Leben: In der Stadt der Zukunft sind Geschäftsmodelle genauso digital wie die Verwaltung. Das stellt nicht nur Privatpersonen und Unternehmen vor Herausforderungen, sondern auch Kommunen. Denn die Handhabung von Daten birgt Risiken. Durch die Vernetzung und Nutzung von Daten entstehen aber auch große Chancen. Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beauftragt, erarbeiten die Fraunhofer-Institute FOKUS, IAIS und IML zusammen mit vier Kommunen die Studie »Urbane Datenräume – Möglichkeiten von Datenaustausch und Zusammenarbeit im urbanen Raum«. Sie bietet Kommunen Orientierungshilfe auf dem Weg in die »Datenwirtschaft«.

 

Schon heute verfügen Kommunen über große Datenmengen, die sie sinnvoll nutzen könnten, wenn diese systematisiert miteinander verknüpft und zugänglich wären. Stattdessen, so hat die Untersuchung der Beispielstädte ergeben, sind die meisten Daten voneinander getrennt  zu häufig nach Institution und Ressort. Doch mit der größer werdenden Datenvielfalt bieten sich auch mehr Möglichkeiten, diese sinnvoll zu nutzen und höhere Arbeits- und Lebensqualität zu erzielen sowie potenzielle Wachstumschancen – für die Kommunen und die lokale Wirtschaft – zu heben.

 

Zentrale Bündelung von Daten

»Es geht nicht darum, einfach alle Daten einzusammeln und wie eine ›Datenkrake‹ zu agieren«, sagt Florian Flocke vom Fraunhofer IML, der für die Studie mögliche Finanzierungsmodelle und das ganzheitliche Management der Daten untersucht hat. »Heute werden die Daten meist zweckbezogen abgerufen und dezentral in verschiedenen ›Datentöpfen‹ gesammelt.« Diese Datenflut könnte bei Bedarf nach bestimmten Spielregeln miteinander verbunden, ausgetauscht oder zusammengeführt werden.

Damit kommunale datenbasierte Dienste und Angebote entstehen können, bedarf es einer gemeinsamen Datenbasis, die alle relevanten Daten für Politik, Verwaltung und Wirtschaft so zusammenträgt und organisiert, dass sie auffindbar und nutzbar sind. Auf Basis dieser Datenverknüpfung können dann z. B. digitale Karten der Stadt entstehen, das Quartiersmanagement verbessert oder die Bürgerdienste vereinfacht werden. Es könnten zudem Daten von Unternehmen, Social Media oder aus Crowdsourcing-Projekten eingebunden werden. Gemeinsam mit den Daten der Stadt würden sie, so Flocke, die Realität besser abbilden und wären eine ideale Grundlage für Services und Geschäftsmodelle von Kommunen und Unternehmen.

 

Mit Daten-Abos schneller ans Ziel

Die verknüpften Daten bieten viele Vorteile: Die Kommunen könnten selbst weiteren Nutzen aus den Daten ziehen, die auf wichtige Ziele der Kommune einzahlen, z. B. auf eine verbesserte Nachhaltigkeit, ein schöneres Stadtbild oder eine größere Transparenz. Zudem könnten auch neue Geschäftsmodelle außerhalb der Stadtverwaltung entstehen, die ebenfalls auf diese Ziele hinarbeiten. Es wäre denkbar, Abomodelle für bestimmte Datensätze einzuführen. Wenn die Stadt z. B. ihre Baustellen und andere Verkehrsstörungen erfassen und echtzeitnah zur Verfügung stellen würde, können Lieferdienste und Logistikdienstleister mit diesen Daten ihre Routenplanung tagesaktuell gestalten. Wartezeiten und Umwege ließen sich hierdurch verhindern. »Ziel ist es, dass der Datenraum im Hintergrund schwebt, denn am Ende zählen nicht die Daten selbst, sondern das, was man damit machen kann«, erklärt Flocke. Doch dafür müssen die Kommunen in der Lage sein, auch den Wert der Daten richtig einzuschätzen. Sie müssen Bedarfe erkennen und mögliche Käufer identifizieren. In Kommunen fehlt dafür oft das nötige Wissen. Unter anderem aus diesem Grund sei auch, auf die Studie folgend, eine kompakte Handreichung für Kommunen entstanden.

 

Rechtslage nicht geklärt

Zurzeit ist die Rechtslage noch ein uneinheitliches Stückwerk. Vielfach hängen die genauen rechtlichen Rahmenbedingungen von der Art der Daten und einzelnen Verträgen ab. Zwar arbeitet die EUKommission an einer Lösung, doch diese wird wegen der hohen Komplexität des Themas noch einige Zeit auf sich warten lassen. Solange ist es für Kommunen ratsam, bereits bestehende Verträge zum Umgang mit Daten zu prüfen und auf diesen aufzubauen. Ein Auf- und Ausbau der kommunalen Datenstruktur, die sich an den alltäglichen Bedürfnissen der Kommune und anderer Nutzer orientiert, könnte ein Anfang sein. Unternehmen, Infrastrukturbetreiber, Verwaltung, Forschung und Bürger könnten auf die Daten zugreifen, um diese sinnvoll zu nutzen.

Voraussetzung ist allerdings, dass die verschiedenen Organisationen und Ressorts ihre Zusammenarbeit ausbauen. Dazu ist entsprechend qualifiziertes Personal mit einem grundlegenden Verständnis für die Funktionsweisen und die Wichtigkeit des Themas nötig. Dies wurde bereits von vielen Kommunen erkannt, organisatorische Ansätze wurden angestoßen.

 

Sektorenübergreifend zusammenarbeiten

Für die Studie wurde in den Pilotstädten Bonn, Dortmund, Emden und Köln zuerst der Ist-Stand erfasst. »Die Auswahl der Kommunen sollte sicherstellen, dass sie sich in Größe und Ansatz unterscheiden, aber bereits die Bedeutung des Themas erkannt und direktes Interesse an der Zusammenarbeit haben«, so Flocke. »Doch eine Erkenntnis findet sich an vielen Stellen: Die bisher existierenden Strukturen in den Städten stehen oft noch am Anfang und erfordern noch einen strukturierten Ausbau, um mit der komplexen Herausforderung umzugehen.« Immer wieder werden Entscheidungen mit übergeordneter Relevanz für die Digitalisierungsstrategie von einzelnen Ressorts oder Ämtern selbst getroffen. Dazu gehört oft auch die Planung der IT-Infrastruktur. Das macht es schwierig, einen einheitlichen »Urbanen Datenraum« zu erstellen. Daher hat die Stadt Dortmund bereits 2017 die übergeordnete Stabsstelle »Chief Information Officer« geschaffen, die sich um die Digitalisierung der Stadt und den Weg zur Smart City kümmert. Sie koordiniert alle Projekte und dient als Anlaufstelle. Dieses Vorgehen wäre auch für andere Kommunen ein guter Weg.

 

Lösungen so individuell wie jede Stadt

Jedoch gibt es abgesehen von einer übergeordneten Stelle nur begrenzte Möglichkeiten, ein Konzept zu erstellen, das alle Kommunen anwenden können, da die Situation in jeder Stadt anders ist. Zum einen wegen sehr diverser, historisch gewachsener Strukturen, zum anderen, weil sich die Anforderungen an den Datenraum nach Größe und Zusammensetzung der Stadt unterscheiden. »Deswegen ist es nur schwer möglich, eine allgemeingültige Musterlösung eines urbanen Datenraumkonzeptes zu erstellen, die zu allen Kommunen passt«, erklärt Flocke. Trotzdem ist es wichtig, dass die unabhängig voneinander entstehenden Lösungen am Ende kompatibel sind, denn die größte Chance für die Kommunen besteht darin, die Datenräume verschiedener Orte miteinander zu verbinden: »Dann kann z. B. der Logistikdienstleister mit einem Tool deutschland- oder europaweit die aktuelle Verkehrssituation erfassen und seine Route entsprechend anpassen«, sagt Flocke. Um das zu realisieren, bedarf es der systematischen und flächendeckenden Förderung sowohl der Kommunen als auch datenbasierter Geschäftsmodelle. Die zur Studie produzierte Handreichung sei zudem eine gute Orientierung für alle Kommunen, die damit beginnen wollen, ihren dezentralen Datenraum aufzubauen. Dies beschleunige, laut Flocke, nicht nur den Aufbau des kommunalen Data Space, sondern vereinfache auch die Verknüpfung mit anderen Datenräumen.

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