Die Kamera, die in die Vergangenheit schaut

SICK und Fraunhofer IML entwickeln eine neue Kamera zur Vereinfachung der Fehleranalyse industrieller Prozesse.

Ein Fehler geschieht, und auf einmal steht die Produktion still. Was ist passiert? Das rückblickend herauszufinden, ist oft schwierig. Genau hier kommt die SICK EventCam ins Spiel. Die gemeinsam von SICK und Fraunhofer IML entwickelte Kamera überwacht Prozesse und stellt beim Auftreten eines Fehlers eine Bildhistorie zur Verfügung, die nicht nur das Fehlerereignis dokumentiert, sondern auch zeigt, wie es dazu kam. Dies soll die Fehleranalyse industrieller Prozesse vereinfachen.

 

Die smarte SICK EventCam ist so kompakt wie ein Barcodescanner und fügt sich nahtlos in die bereits existierende Infrastruktur von SICK ein. Die Kamera nimmt entweder Fotos oder Videos auf und speichert diese im sogenannten »Ringspeicher«. Ist der Speicher voll, werden automatisch die ältesten Bilder überschrieben. Die Kamera benötigt somit keinen großen Speicherplatz. Es sammelt sich auch kein überflüssiges Material an, dessen Analyse Zeit kostet. Aktuelle Bilder sind sofort abrufbar. Dadurch ist die kompakte Kamera ideal für die Prozessüberwachung.

Betrachten wir zum Beispiel einen Prozess wie das Montieren von Autoteilen durch einen Roboter, der innerhalb eines Schutzfeldes autonom arbeitet. Der Roboter stoppt automatisch, wenn die Sicherheits-Lichtschranken unterbrochen werden, die sein Schutzfeld begrenzen, denn in seiner Umgebung könnte sich eine Person befinden, die verletzt werden könnte. Deswegen steht der Roboter so lange still, bis die Situation von einem Mitarbeiter überprüft wurde. Erst wenn bestätigt wird, dass keine Gefahr mehr besteht, läuft die Produktion wieder an. Wenn die zuständige Person jedoch in diesem Moment nicht vor Ort ist, um dies zu quittieren und den Wiederanlauf des Roboters zu starten, können lange Stillstandzeiten entstehen, die hohe Kosten verursachen.

 

Kontextbasierte Fehleranalyse

Manchmal steht der Roboter aber auch, ohne dass sich etwas oder jemand in seinem Schutzfeld befindet. Die Frage ist dann: Warum wurde die Maschine gestoppt? Waren die Sensoren gestört oder hat wirklich etwas die Sicherheits-Lichtschranke unterbrochen? Aber was hat die Unterbrechung hervorgerufen? Dies lässt sich nicht immer zweifelsfrei rekonstruieren.

Die EventCam kann hier für Aufklärung sorgen. Sobald ein unerwünschtes Ereignis eintritt, berarbeitet die Kamera die nötigen Bilder lokal. Anschließend steht das Bildmaterial im Webinterface der Kamera, mit welchem sie gesteuert werden kann, zum Download bereit. Dabei wird nicht nur das Livebild gesendet, sondern auch noch einige Zeit vor und nach dem Ereignis. Dadurch wird der Kontext des Ereignisses sichtbar und die Fehleranalyse erleichtert. Die Länge des Zeitraums kann individuell eingestellt werden. Somit kann auch aufgeklärt werden, ob beispielsweise eine Person das Schutzfeld betreten hat oder nur aufgewehtes Verpackungsmaterial von einer neben der Lichtschranke angestellten Palette den Lichtweg unterbrochen hat. Hilfreich ist die Kamera auch, um herauszufinden, warum Material ausgeschleust oder nicht korrekt von Maschinen verarbeitet wurde. So entsteht eine Prozesstransparenz, die Stillstandzeiten reduziert und die Anlagenverfügbarkeit erhöht, ohne dass permanent jemand für die Überwachung vor Ort sein muss.


Problemlösende Kreativität

Die Kamera verwendet viele Komponenten, die SICK bereits zur Fertigung seiner Sensoren nutzt. Ihre kompakte Bauweise war jedoch für das Forschungsteam am Fraunhofer IML eine echte Herausforderung. »Wir mussten die komplexe Leistung der Kamera bei kleinstmöglichem Energieverbrauch in ein sehr kompaktes Gehäuse verbauen«, so Jan Emmerich vom Fraunhofer IML zur Problemstellung. Zusammen mit seinem Team tüftelte er gut eineinhalb Jahre an diesem Projekt. Schließlich wurde entschieden, die Platine zu teilen: »Sie besteht jetzt aus insgesamt drei Teilen, die an verschiedenen Arten im Gehäuse sitzen«, so Emmerich. So passt die Platine gut in das Gehäuse und wird durch dieses im Gerät gekühlt. Denn bei der Bildverarbeitung entsteht Wärme, die bei einer solch kompakten Bauweise problematisch werden kann. Die serienfähige Industrialisierung, Fertigung und Qualifikation von Prozessor und Kamera-Elektronik erfolgte durch die Firma PHYTEC.

Sobald die Hardware funktionierte, entwickelte das Team auch die nötige Gerätesoftware. Diese stellt auf den verschiedenen Ebenen, von der hardwarenahen Programmierung bis zum Webinterface, die komplette Funktionalität des Geräts zur Verfügung. Das Webinterface integriert sich perfekt in das Sensor-Ökosystem von SICK und erlaubt, die verschiedenen Funktionen der Kamera individuell an den überwachten Prozess anzupassen. »Je nach Schnelligkeit des Prozesses variiert das beste Aufnahmetempo. Das ist aber kein Problem für die Kamera«, beschreibt Christian Hoppe, Leiter der Entwicklung am Fraunhofer IML, die Situation. Im Webinterface lassen sich zusätzlich zu Auflösung, Belichtungszeit, Bildrate und Aufnahmedauer auch viele andere Parameter einstellen.

»Wir waren begeistert von der engagierten und lösungsorientierten Zusammenarbeit aller Beteiligten, ohne die dieser Erfolg nicht möglich gewesen wäre«, äußerte sich Dr. Martin Köhl, technische Koordination SICK AG, beim Projektabschluss. Auch Felix Lang, Projektleitung SICK AG, ist mit dem Ergebnis zufrieden: »Mit diesem innovativen Produkt sind wir gut in ein neues Geschäftsfeld gestartet.«

Die Kamera wurde während der Entwicklung bereits mehrfach bei Industriekunden getestet und ist nach sehr positivem Feedback in den SICK-Katalog aufgenommen worden.

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