Was ist die erste Assoziation, die die Menschen mit der Silicon Economy in Verbindung bringen sollen?
Silicon Economy ist das Synonym für eine neue Plattformökonomie in der Logistik, über die grenzüberschreitend, international neue Technologien genutzt werden, um die Logistik effizienter, flexibler und resilienter zu organisieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Silicon Economy ist zugleich ein offenes und föderales Ecosystem für Künstliche Intelligenz. Hierbei ist das Adjektiv »offen« wörtlich gemeint. Die Basis der Silicon Economy ist durchgängig Open Source.
Wie sind Sie eigentlich auf den Begriff der Silicon Economy gekommen und ist die Assoziation zum Silicon Valley beabsichtigt?
Das war an einem Sonntagabend. Und weil mir der Begriff so gut gefiel, habe ich sofort meine Kreditkarte genommen und die Domain gesichert. Ich wollte sicher sein, dass uns niemand dazwischenfunkt. Und ja, die Silicon Economy ist der Gegenentwurf zum Silicon Valley. Die Unicorn-Geschäftsmodelle des Silicon Valley sind sowohl für unsere Logistik, als auch für die Art und Weise, wie wir bei Fraunhofer und insgesamt in der Logistik denken, aus zwei Gründen nur begrenzt tauglich: einmal, weil sie solitär sind und dadurch monopolistische Systeme entstehen. Zum Zweiten – und das ist meiner Meinung nach entscheidend – weil das, was wir innerhalb der Silicon Economy machen, extrem komplex ist. Es ist einem einzelnen Unternehmen gar nicht möglich, für die zweifellos kommende Plattform ökonomie, schnell und agil genug Lösungen zu entwickeln. Genau das schaffen wir mit der Silicon Economy dezentral, föderal und gemeinsam. Man könnte vereinfacht sagen, Silicon Valley war gestern, Silicon Economy ist morgen. Silicon Valley ist B2C, mit relativ einfachen Geschäftsmodellen, Silicon Economy ist B2B mit KIgesteuerten Prozessen.
Wie werden Unternehmen konkret in der Silicon Economy arbeiten? Was wird sich für sie ändern und womit sollten sie starten?
Obwohl wir gerade erst am Anfang unseres Forschungs- und Entwicklungsprojektes stehen, haben wir schon relativ viele Soft- und Hardwarekomponenten, die wir den Unternehmen nach und nach zur Verfügung stellen werden. Das Unwiderstehliche dabei ist, dass die Schwelle für Unternehmen, an der Silicon Economy zu partizipieren, sehr gering sein wird. Im Endeffekt ist die Nutzung unserer Forschungsergebnisse kostenlos, denn jeder kann sich Komponenten herunterladen und sein eigenes Geschäftsmodell darauf aufsetzen. Diese Möglichkeit ist einzigartig, wird Standards setzen und zugleich disruptiv sein.
Warum ist gerade jetzt der richtige Moment für die Silicon Economy gekommen?
Grundlegende Veränderungen entwickeln sich erfahrungsgemäß im Zehn-Jahres-Rhythmus. Nehmen wir zum Beispiel Digitalisierung und Logistik. In den 1980er-Jahren hat der PC alles verändert. In den 1990ern wurde über Betriebssysteme heiß diskutiert, was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Windows hat sich privat, aber auch in der industriellen Umgebung durchgesetzt, obwohl es andere, von der Wissenschaft viel stärker favorisierte Systeme gab. Weitere zehn Jahre später ist das Internet zum Standard geworden, E-Commerce kam auf, samt den Umwälzungen in der Logistik. Dann folgte das Smartphone, und seither sind wieder zehn Jahre vergangen. Jedes Mal haben sich unzählige Geschäftsmodelle von Grund auf verändert. Heute stehen wir am Anfang einer Plattformökonomie, die Verfahren Künstlicher Intelligenz mit sich bringen wird, die in Millisekunden disponieren, verhandeln, bezahlen, organisieren und tracken – das ist die nächste neue Welt.