Die Geschichte von der Logistikbude & den Ladungsträgern

© Logistikbude / Fraunhofer IML

Vor langer, langer Zeit existierte ein fernes Land Namens Logistica. Der Boden in Logistica war sehr fruchtbar und die Bürger alle fleißig und arbeitsam. Der Bauer bestellte die Felder und erntete das Korn, der Müller mahlte das Korn zu Mehl und der Bäcker buk aus dem Mehl das köstlichste Brot. Da nicht jedes Korn einzeln zum Müller getragen werden konnte, das Mehl lose vom Wind weggeweht worden wäre und die vielen Brotlaibe zu schwer, um sie alle gleichzeitig auf den Markt zu bringen, nutzten die Bürger Ladungsträger. Die Säcke, Behälter, Körbe, Flaschen und vieles mehr wurden auch von allen anderen Bewohnern genutzt. Es vergingen viele Jahre, und aus dem altertümlichen Logistica wurde ein modernes Land. Körbe wurden zu Behältern, lose Bretter zu Paletten und Kutschen zu Lkw. Mehr als eine Milliarde solcher Ladungsträger kamen damit auf dem gesamten Kontinent zusammen.

Eines Tages stellten die Bürger von Logistica jedoch fest, dass sie oft nicht wussten, wo sich ihre Ladungsträger befanden und welchen Zustand diese hatten. Die Paletten, Behälter und Transportgestelle kamen auch regelmäßig beschädigt zurück, jedoch wusste niemand, an welcher Stelle im Prozess das geschehen war. Häufig gingen sie auch ganz verloren und mussten neu gekauft werden. Der zweite Punkt, der die Bürger störte, war das regelmäßige Durcheinander in Bezug darauf, wie viele Ladungsträger sie sich untereinander schuldeten, und die zeitlichen und finanziellen Verluste, die damit einhergingen. Der Standard waren papierbasierte Dokumentationen, Kontoführungen und Kontenabgleiche, die personalaufwendig und zeitraubend waren. In den umliegenden Ländern sah es nicht anders aus. Die Bürger von Logistica wollten die logistischen Prozesse in ihrem Land unbedingt verbessern, doch die meisten von ihnen hatten nur wenig Ahnung davon. Also überlegten sie, einen Wettbewerb zu veranstalten, an dem alle Bürger des Landes teilnehmen konnten. Und so geschah es.

In ganz Logistica grübelten die Menschen darüber, wie die Probleme gelöst werden konnten, denn sie alle wussten, wie lästig die bisherigen Abläufe waren. Vier junge und kluge Männer schlossen sich zu einem Team zusammen, in dem sie ab sofort gemeinsam forschen wollten. Ihre Namen waren Philipp, Michael, Jan und Patrik. Um näher an der Materie zu sein, gingen sie eine Kooperation mit einem Hersteller von Ladungsträgern und Betreiber des größten offenen Palettenpools ein.

Die vier jungen und klugen Männer machten sich zuerst daran, den Ist-Zustand zu ermitteln. Heraus kam, dass die Nachverfolgung, Verbuchung und Bestandsverwaltung der Ladungsträger überwiegend händisch oder über spezielle technische Systeme erfolgte. Letztere mussten erst aufwendig in die jeweilige IT-Landschaft der einzelnen Unternehmen integriert werden.

Es vergingen einige Tage und Monate, während derer die vier jungen und klugen Männer an einer zukunftsweisenden Idee arbeiteten. Sie hatten die Vision, die Probleme mit einer einfach zu bedienenden Software zu lösen. Diese sollte aber nicht nur das Ladungsträgermanagement von offenen Pools berücksichtigen, sondern Unternehmen gleichermaßen auch die Möglichkeit bieten, ihre eigenen Ladungsträger zu verknüpfen. Um das zu erreichen, entwickelten sie Algorithmen, nutzten Cloud Computing, Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen. Als sie mit ihrer Entwicklung zufrieden waren, stellten sie sie den Bürgern von Logistica vor.

© Logistikbude / Fraunhofer IML

Die vier jungen und klugen Männer erzählten den Bürgern von ihrer web-basierten Plattform und der begleitenden App, mit deren Hilfe notwendige Prozessschritte im Ladungsträgermanagement komplett eliminiert werden konnten. Mit der App war es fortan möglich, alle Tauschprozesse digital zu erfassen und den betreffenden Parteien zugänglich zu machen. Sogar die Konten der einzelnen Bürger wurden vollautomatisch miteinander abgeglichen. Da auf der Website alle Fortschritte im Blick behalten und bei Bedarf einzelne Buchungen korrigiert werden konnten, reduzierte sich die Zeit und der Aufwand für Unternehmen, um Prozesse abzuschließen. Es war nicht mehr nötig, jede Buchung mit jedem Unternehmen einzeln zu betrachten und unzählige E-Mails und PDFs auszutauschen. Der verwendete Algorithmus erkannte sogar automatisch, ob und wo vorteilhafte Tauschprozesse mit anderen App-Nutzern möglich waren, wodurch beispielsweise Leerfahrten vermieden werden konnten. Als die Bürger das hörten, waren sie sehr froh. Endlich gab es eine einfach zu bedienende Lösung, die keinerlei Installationsaufwände oder Schulungen voraussetzte.

Sogleich berichteten die vier jungen Männer, dass die Plattform auch für solche Ladungsträger funktionierte, die nicht Teil eines offenen Pools waren, sondern einem einzelnen Unternehmen gehörten. Dafür mussten die Unternehmen zukünftig nur noch der Schritt-für-Schritt-Anleitung auf der Plattform folgen, um den ausgewählten Ladungsträgern eine eindeutige Kennzeichnung zu geben. Dieses Barcode-Label konnte direkt ausgedruckt und auf die Ladungsträger geklebt werden. Von nun an musste sich niemand mehr fragen, wo exakt die Ladungsträger gelandet waren, in welchem Zustand sie waren und was unterwegs mit ihnen passiert war. Es konnten sogar Partnerunternehmen zugeschaltet werden. Tracken, Tauschen, Fotodokumentationen, Prüfungen und die Verheiratung von Ware – das alles war nun über die Plattform und die App möglich. Alle Funktionen und Akteure waren schließlich an einem Ort versammelt.

Den Bürgern gefiel die Lösung so gut, dass sie zu Ehren der vier jungen und klugen Männer ein großes Fest veranstalteten, zu dem alle Bürger von Logistica eingeladen waren. Da die Bürger wussten, dass die vier jungen und klugen Männer gerne weiterhin logistische Herausforderungen angehen wollten, bauten sie ihnen zum Dank ein eigenes Haus. Die vier jungen und klugen Männer freuten sich sehr, denn sie hatten nun endlich einen Ort gefunden, an dem sie ihren Gedanken und Ideen freien Lauf lassen konnten.

Das Haus nannten sie »Logistikbude«.

© Logistikbude / Fraunhofer IML

Die Plattform ist unter anderem innerhalb des EPAL Labs entstanden und verfügt über Open-Source-Komponenten der »Silicon Economy«. Das digitale Ladungsträgermanagement eignet sich sowohl für große Industrieunternehmen und Speditionen, als auch für kleine und mittelständische Unternehmen. Die Plattform ist inzwischen marktreif, aktuell befindet sich das Vorhaben in der Pilotphase.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt das Team mit einem EXIST-Forschungstransfer. Im September 2021 haben die vier offiziell gegründet.
 

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